In Dänemark werden alle 132-150 KV Hochspannungsfreileitungen zurückgebaut
Was wissen Sie eigentlich von Dänemark? Na? Wahrscheinlich nicht so viel, oder? Vielleicht denken Sie an "Røde Pølser", "Tuborg"-Bier oder Rote Grütze mit Sahne. Doch hat unser kleiner Nachbar im Norden uns in mancherlei Belang so einiges voraus, und das nicht (nur) in kulinarischer Hinsicht. Fortschrittlich und zukunftsorientiert ist das nordische Fünf-Millionen-Volk, was sich nicht zuletzt in einer Arbeitslosenquote von 1,4% (www.statistikbanken.dk, Juli 2008) manifestiert. Dieser Fortschritt zeigt sich u.a. auch im "Kabelhandlingsplan" vom März 2009, welchem ein Beschluss des dänischen Parlaments (Folketing) vom 04. November 2008 zu Grunde liegt. Im Original finden Sie den "Kabelhandlingsplan" als PDF-Dokument hier: http://www.energinet.dk/.../202009.pdfIn besagtem Beschluss wird festgelegt, dass
- alle neuen Hochspannungsleitungen bis 150 (kV) unterirdisch verlegt werden müssen sowie
- sämtliche Hochspannungsfreileitungen bis 150 (kV) abgebaut und ebenfalls unterirdisch verlegt werden müssen.
Das Investitionsvolumen für die vorhandenen bzw. zu schaffenden 3.250 Systemkilometer im 132-150-kV-Hochspannungsnetz werden im "Kabelhandlingsplan" mit 14,5 Milliarden Kronen (ca. 1,93 Millairden €) für den Zeitraum bis 2030 beziffert, wobei diese sich wie folgt verteilen:
- Planung 10%
- Material 55%
- Bauarbeiten 35%
Desweiteren findet im "Kabelhandlingsplan" eine 6%ige Abzinsung (Diskontierung) Anwendung. Dem Gesamtvolumen von 14,5 Milliarden Kronen entspricht dies einem Gegenwert (Stand 2008) von 7,7 Milliarden Kronen respektive 1,03 Milliarden €. Bricht man diese Summe auf den Systemkilometer und über den avisierten Zeitraum von 30 Jahren herunter, so ergeben sich daraus 10.514 € je km und Jahr.
Rücksicht auf die Bevölkerung
In Punkt 4.2 Nærhed til byområder, natur og landskab (Nähe zu Stadtgebieten, Natur und Landschaft) ist folgendes zu lesen: Der bruges primært landskabelige argumenter for kabellægning, men også bekymringer for huspriser og elektromagnetiske felter vejer tungt. Kabellægning opfattes af mange som en miljøneutral løsning set i forhold til luftledninger. (Es finden primär landschaftliche Argumente Anwendung, aber auch die Sorge um Hauspreise und elektromagnetische Felder wiegen schwer. Die Verlegung von Kabeln wird im Vergleich zu Freileitungen von vielen als umweltverträgliche Lösung angesehen.)400-kV-Hochspannungsnetz
Der "Kabelhandlingsplan" sagt über das 400-kV-Hochspannungsnetz folgendes: "Sigtet er, at i takt med at udviklingen i forsyningssikkerhed, teknologi og samfundsøkonomi tilsiger det, skal alle 400 kV-forbindelser anlægges i jorden frem for på master." (Es ist avisiert, in Einklang mit der Entwicklung in Versorgungssicherheit, Technologie und Folkswirtschaft, die Erdverlegung Freieitungen vorzuziehen.)Zum Schluss
Ich weiß nicht, wie es Ihnen nach der Lektüre dieses Beitrages geht. Obgleich ich in Dänemark gewohnt habe, des Dänischen mächtig bin und um die Innovationsfreudigkeit unserer Nachbarn im Norden weiß, so hat mich der "Kabelhandlingsplan" doch überrascht. Allerdings ist es nicht die Tatsache, dass in Dänemark möglich ist (und bereits umgesetzt wird), was in Deutschland aus technischen oder wirtschaftlichen Gründen nicht geht - beim allerbesten Willen der Energieriesen, natürlich. Ist es nicht ein Armmutszeugnis, ja muss es nicht eine Demütigung für Eon & Co sein, vom kleinen Nachbarn (5 Millionen Einwohner!) so lässig überholt, oder besser: stehen gelassen zu werden? Man fragt sich erneut: Warum ist eine der (angeblich) innovativsten und technologisch überlegensten Nationen nicht in der Lage, Stromkabel unterirdisch zu verlegen? Und man ergänzt nun: Warum geht das in Dänemark so einfach?Ich fürchte, dass ich darauf nur wieder die eine Antwort zu finden vermag: Es geht um Geld, um viel Geld. Es geht darum, die vorhandenen Hochspannungstrassen mit Atomstrom (den haben die Dänen tatsächlich nicht) zu füttern, nicht mit konkurrierendem "Ökostrom". Es Geht darum, die Einspeisung des letzteren so lange wie möglich herauszuzögern - das erreicht man mit den quälend langen Genehmigungsverfahren von Freileitungssystemen - da spielen die Bürgerinitiativen den Stromriesen sogar in die Hand, was für den mündigen Bürger allerdings keine Argument ist, die Hände in den Schoß zu legen. Hinzu kommt, dass sich in Deutschland der Strommarkt und insbesondere die Trassen in der Hand von vier Energiekonzernen befindet und eine staatliche Kontrolle per factum nicht oder nur marginal stattfindet.
Also, was tun? Sich informieren, andere informieren, sich organisieren und für das eintreten, was aus ökonomischer, ökologischer und zukunftsorientierter Sicht Sinn macht: Sich stark machen für die Verlegung von Erdkabeln! Is' doch klar, oder?
Ergänzung
Ich habe heute eine Email an die staatliche Betreibergesellschaft des dänischen Stromnetztes geschickt. In dieser fragte ich nach einer volkswirtschaftlichen Eruierung der Betriebskosten von Kabeln kontra Freileitung. Offenbar geht in Dänemark alles ein wenig schneller als bei uns - ich habe bereits Antwort erhalten. Auf die Antwort meiner Anfrage an EON warte ich noch immer - das ist ca. 2 Wochen her...Der Leiter der Netzplanung hat mir folgendes geschrieben: "Vi har ikke fortaget detaljerede økonomiske beregninger af om kabler til transmission er samfundsøkonomisk billigere end luftledninger. (...) Kabellægningen sker alene ud fra et politisk ønske om at forskønne landskabet." (Wir haben keine detaillierten ökonomischen Berechnungen vorgenommen, ob Kabel für die Übertragung volkswirtschaftlich billiger sind als Freileitungen. (...) Das Verlegen der Kabel geschieht alleine aus dem politischen Wunsch heraus, die Landschaft zu verschönern.) Beneidenswert! Ich bin weiß Gott kein Linker, aber da kann man doch in Versuchung geraten, sich die Verstaatlichung der Energiesysteme in Deutschland zu wünschen...
die EON Netz hat mir nun nach etwa 2 Wochen auch gentwortet und die nachgefragte Studie gleich mitgeschickt.
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